"Ehren"-Morde verhindern! TERRE DES FEMMES gedenkt mit Aktionen dem "Ehren"-Mord-Opfer Hatun Sürücu

7. Todestag von Hatun Sürücü – Kranzniederlegung und Schweigeminute

Mahnwache zum 7. Todestag von Hatun Sürücü, Foto © TERRE DES FEMMESMahnwache zum 7. Todestag von
Hatun Sürücü
Foto © TERRE DES FEMMES
Am 07.02.2005 wurde die Deutsch-Türkin Hatun Sürücü mit 23 Jahren von ihrem jüngeren Bruder auf offener Straße in Berlin-Tempelhof erschossen. Sie wollte ein freies und selbstbestimmtes Leben führen und hat damit bewusst gegen die strengen Regeln und tradierten Ehrvorstellungen ihrer Familie verstoßen. Durch den Mord wollte der Täter die Ehre der Familie retten.

Um Hatun und all der anderen Mädchen und Frauen zu gedenken, die im Namen der Ehre ermordet wurden, legten am Todestag um 9.30 Uhr die Bezirksbürgermeisterin von Tempelhof-Schöneberg, Frau Angelika Schöttler, und die stellvertretende Bezirksverordneten-Vorsteherin, Frau Martina Zander-Rade, einen Kranz am Gedenkstein in der Oberlandstraße nieder.

In ihrer Rede vor ca. 30 Anwesenden betonte Frau Schöttler, dass archaisch-patriarchalische Strukturen unvereinbar mit dem Selbstbestimmungsrecht von Frauen seien. Sowohl Politik als auch Gesellschaft seien aufgefordert, solchen abscheulichen Gewalttaten entgegenzuwirken.

Gedenkstein zur Erinnerung an Hatun Sürücü, Foto © TERRE DES FEMMESGedenkstein zur Erinnerung an
Hatun Sürücü,
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Auch die Staatssekretärin der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen, Frau Barbara Loth, warf in ihrem Grußwort nochmals die Frage auf, wie so etwas Grausames mitten in Berlin, mitten in Deutschland geschehen konnte. Jede Frau habe das Recht auf ein gleichberechtigtes und selbstbestimmtes Leben.

TERRE DES FEMMES gedachte der oft namenlosen Opfer von "Ehren"-Morden, für die Hatun Sürücü stellvertretend steht. Um ein Zeichen gegen diese Menschenrechtsverletzungen zu setzen und die Erinnerung an eine starke und mutige Frau wachzuhalten, setzt sich TERRE DES FEMMES für eine Straßenbenennung nach Hatun Sürücü ein.

 

Filmvorführung „Verlorene Ehre – Der Irrweg der Familie Sürücü“

Bereits am vergangenen Sonntag, den 05. Februar 2012 luden TERRE DES FEMMES und die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg Frau Petra Koch-Knöbel zur Vorführung des preisgekrönten Dokumentarfilms „Verlorene Ehre – Der Irrweg der Familie Sürücü“ mit anschließender Diskussion mit den Regisseuren Matthias Deiß und Jo Goll ein. Die beiden haben drei Jahre zu diesem Thema recherchiert. Sie haben in Berlin, Istanbul und Ostanatolien gedreht, mehrstündige Interviews mit dem Mörder, seinem mit Haftbefehl gesuchten Bruder, aber auch mit der im Zeugenschutz befindlichen Kronzeugin geführt. Trotz der Kälte war die Veranstaltung mit ca. 50 Personen sehr gut besucht.

Zur Begrüßung erklärte die Fachreferentin von TERRE DES FEMMES, Monika Michell, warum es wichtig ist, das Gedenken an Hatun Sürücü wachzuhalten. Zum einen war dieser tragische Fall der erste öffentlich wahrgenommene "Ehren"-Mord in Deutschland, der viele Diskussionen und positive Initiativen nach sich zog. Gleichzeitig werden jedoch immer noch Mädchen und junge Frauen im Namen der Ehre unterdrückt, zwangsverheiratet und ermordet.

Im Anschluss daran wies Petra Koch-Knöbel ebenfalls auf die Wichtigkeit hin, die Öffentlichkeit auf das Problem von Gewalt im Namen der Ehre und Zwangsverheiratung aufmerksam zu machen und zu sensibilisieren. Ausschlaggebend für sie, sich aktiv dagegen einzusetzen, war eine in Berlin durchgeführte Studie. Diese ergab, dass allein im Jahr 2007 378 Mädchen oder junge Frauen Beratung wegen einer drohenden oder bereits vollzogenen Zwangsheirat gesucht haben. Abschließend betonten die Regisseure Jo Goll und Matthias Deiß, dass sie mit ihrem Film eine rein objektive und nicht wertende Betrachtung der Geschehnisse darstellen, die jeden Einzelnen zum Nachdenken anregen soll.

Im Anschluss der Dokumentation kam es daher auch zu einer regen Diskussion zwischen Publikum und Regisseuren, unter anderem über persönliche Empfindungen der Regisseure sowie mögliche Konsequenzen des Films. Ein großes Dankeschön an alle, die zum Gelingen des rundum erfolgreichen Abends beigetragen haben!

Bei der Diskussion: Die Regisseure Jo Goll und Matthias Deiß sowie die Fachreferentin Monika Michell, Foto © TERRE DES FEMMESBei der Diskussion: Die Regisseure Jo Goll und Matthias Deiß sowie die Fachreferentin Monika Michell,
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