„Ehren“-Mordprozess endet mit langjährigen Haftstrafen für die Täter

Im April 2015 verschwindet Hanaa S. Es dauert über zwei Jahre, bis ihre Leiche gefunden wird. Inzwischen war für die ErmittlerInnen längst klar, dass Hanaa S. einem „Ehren“-Mord zum Opfer fiel. Nacheinander nehmen sie zuerst einen Schwager, dann den Sohn, schließlich den Ehemann und einen weiteren Schwager  fest. Im Juni 2016 beginnt schließlich der Mordprozess vor dem Wuppertaler Landgericht, in dessen Verlauf einer der beiden Schwager gesteht, Hanaa S. ermordet zu haben und den Fundort der Leiche verrät. Am Donnerstag, den 25.1.18, ergehen schließlich die Urteile: Der 26-jährige Schwager des Opfers wird als Haupttäter zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt, der 20-jährige Sohn erhält eine Jugendstrafe von neun Jahren und sechs Monaten. Der Ehemann sowie der zweite Schwager bekommen 10 Jahre und 6 Monate.

Laut Staatsanwaltschaft hatte Hanaa S. in den Augen der Angeklagten durch die Trennung von ihrem Ehemann die Ehre der Familie verletzt, die zur Religionsgemeinschaft der JesidInnen gehört und extrem traditionalistisch sei.

Hanaa S. ist leider kein Einzelfall. Am 1. November 2011 wurde Arzu Özmen von ihren Geschwistern umgebracht. Auch hier war das Motiv die Verletzung der Familienehre. Neben dem Haupttäter wurden drei weitere Geschwister und der Vater wegen Beihilfe verurteilt.

Am 7. Februar jährt sich zudem der „Ehren“-Mord an Hatun Sürücü, die 2005 von ihrem Bruder auf offener Straße erschossen wurde.

„Ehren“-Morde sind oft nur der Endpunkt einer langen Reihe von Gewalterfahrungen, die im Namen einer falsch verstandenen (Familien-)Ehre ausgeübt wird. Mädchen und Frauen werden kontrolliert, oft isoliert, um sicherzustellen, dass sie die ihnen auferlegten strengen Verhaltensvorschriften auch erfüllen. Dazu gehört vor allem das Verbot der vor- und außerehelichen Sexualität. Nicht selten werden die Töchter gegen ihren Willen (früh) verheiratet, um die Verantwortung auf den Ehemann und die Schwiegerfamilie abzugeben.

Um diese traditionell-patriarchalen Denkmuster aufzubrechen, ist es immens wichtig, jeden einzelnen Täter und jede einzelne Täterin strafrechtlich zur Rechenschaft zu ziehen. Gleichzeitig müssen Bedrohte besser geschützt werden. Dafür werden wir uns weiterhin einsetzen.

Stand: 02/2018