TERRE DES FEMMES begrüßt neues Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen - Mindestheiratsalter in Deutschland liegt nun ausnahmslos bei 18 Jahren

Berlin, 02.06.2017. Der Bundestag hat vergangene Nacht den Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Kinderehen verabschiedet. Das Gesetz sieht vor, das Mindestheiratsalter in Deutschland auf 18 Jahre festzulegen. Die Ausnahmeregelung, nach der es bisher möglich ist, mit Zustimmung des Familiengerichts und bei Volljährigkeit des Ehepartners bereits mit 16 Jahren zu heiraten, entfällt. „Dass diese Änderung nun partei- und organisationsübergreifend getragen und unterstützt wird, ist ein großer Erfolg unserer intensiven Arbeit“, erklärt Christa Stolle, Bundesgeschäftsführerin von TERRE DES FEMMES. TERRE DES FEMMES hatte in den vergangenen drei Jahren durch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit diese Gesetzesänderung angestoßen sowie mehr als 100.000 Unterschriften dafür gesammelt und im Bundesjustizministerium übergeben. Auch der Entschließungsantrag des Rechtsausschusses, der die Bundesregierung auffordert, sich weltweit für ein Mindestheiratsalter von 18 Jahren einzusetzen, greift eine der Forderungen der Frauenrechtsorganisation auf.

Weiterhin sollen nach dem Gesetz zukünftig Ehen, die im Ausland mit Personen unter 18 Jahren geschlossen wurden, in Deutschland unwirksam sein bzw. aufgehoben werden. TERRE DES FEMMES begrüßt auch diese Regelung, da klare gesetzliche Vorgaben dringend notwendig sind. „Minderjährige, die verheiratet werden, sind besonders gefährdet, in ihren Kinder- und Menschenrechten verletzt zu werden“, erklärt Christa Stolle. Verschärft wurde dieses Problem durch Migration aus Kriegs- und Krisengebieten. TERRE DES FEMMES geht davon aus, dass in Deutschland allein 2016 mehr als 1000 minderjährige Ehefrauen mit ausländischer Staatsbürgerschaft lebten. Viele davon unter 16 Jahren. Frühe Ehen bedeuten in der Regel eine (zu) frühe Schwangerschaft und somit ein Gesundheitsrisiko für Mutter und Kind. Minderjährige Ehefrauen sind zudem häufiger von häuslicher und sexualisierter Gewalt betroffen.

TERRE DES FEMMES sieht in dem Gesetz auch eine klare Handlungsaufforderung an die Jugendämter. „Die neuen Regelungen sind unmissverständlich: Minderjährig Verheiratete müssen vorläufig in Obhut genommen werden. Die Mädchen brauchen eine umfassende, sensible Betreuung, um in allen Fällen eine Kindeswohlgefährdung auszuschließen“, erklärt Stolle. Allerdings sind die Jugendämter bereits größtenteils überlastet und spezialisierte Einrichtungen für geflüchtete Mädchen gibt es kaum. „Hier muss dringend aufgestockt werden, sonst kann das Gesetz seine Schutzwirkung nicht entfalten“, meint Stolle weiter.

Ab Juli 2017 schult TERRE DES FEMMES im Rahmen des von Aktion Mensch unterstützten Projektes „STOP harmful traditional practices – Patriarchale Gewalt verhindern“ Mitarbeiterinnen und Ehrenamtliche in Flüchtlingsunterkünften und wird diese auch über das neue Gesetz informieren.

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